Solidarität statt Abschiebung!

Wegen Aufruf zu BürgerInnenAsyl: Gerichtsprozess in Alzenau am 17. Juli 2020
Aktivist aus Hanau wegen „Öffentlicher Aufforderung zu Straftaten“ angeklagt

Für Donnerstag, den 16. Juli 2020, ist um 12 Uhr ein Gerichtsverfahren gegen den Hanauer kein mensch ist illegal-Aktivisten Hagen Kopp angesetzt. Der Vorwurf: „Öffentliche Aufforderung zu Straftaten“. Der Hintergrund: Hagen Kopp steht mit seinem Namen im Impressum der Webseite: https://aktionbuergerinnenasyl.de
„Schütze Menschen vor Abschiebung – Mach mit.“ Unter diesem Motte wirbt die bundesweite Kampagne auf der Webseite für praktische Solidarität mit Menschen, die in „Armut, Verfolgung oder gar Krieg“ abgeschoben werden sollen.

Im Mai 2017 wurde in Hanau eine der bundesweit ersten Initiativen für BürgerInnenAsyl gestartet. Hintergrund waren die seit Ende 2016 angelaufenen Charterabschiebungen nach Afghanistan, in ein bekanntlich von anhaltendem Bürgerkrieg gezeichnetes Land. Über 50 Bürgerinnen und Bürger aus der Hanauer Zivilgesellschaft hatten damals den Aufruf unterzeichnet, in dem sie u.a. formulieren: „..Wir werden von Abschiebungen bedrohten Flüchtlingen aus Afghanistan Bürgerasyl gewähren, das heißt, wir werden Platz machen in unseren Wohnungen und notfalls die Menschen verstecken, die in Krieg und Verfolgung zurückgeschickt werden sollen.“

Die bundesweite Vernetzung und Kampagne für BürgerInnenAsyl startete ein Jahr später – 2018 – mit Plakaten und einer Webseite. Der Aufruf bzw. die Selbsterklärung der Kampagne von vor zwei Jahren sei hier nochmal zitiert. Denn diese Statement hat nichts an Aktualität verloren, es ist und bleibt Ausdruck einer notwendigen täglichen Solidarität mit allen, die von Abschiebung bedroht sind. Und es sind ausgerechnet Sätze aus diesem Aufruf, auf Grund derer dieser Gerichtsprozess stattfindet.

„Ich würde Menschen verstecken, um sie vor Abschiebung zu schützen!
Meine Solidarität gegen die Politik der Abschiebung und Ausgrenzung. Für eine Gesellschaft von Allen und für Alle.
Menschen in Not zu helfen, sie willkommen zu heißen und ihnen Schutz zu gewähren, ist eine der natürlichsten Sachen der Welt. Im Sommer 2015 beteiligten sich Millionen Menschen in diesem Land, diese Werte in die Tat umzusetzen. Und auch wenn mittlerweile wieder rassistische Hetze und verschärfte Gesetze die Situation in Deutschland und Europa dominieren – die praktische Solidarität, die vor drei Jahren gelebt wurde, ist noch immer lebendig. Ich will beitragen, sie zu erneuern und zu stärken in einer Zweit, in der Menschenrechte für Geflüchtete und MigrantInnen systematisch mißachtet werden. Jeden Tag werden Menschen von Flughäfen abgeschoben. Sie werden gegen ihren Willen in andere Länder Europas oder in ihre Herkunftsländer verfrachtet, zurück in Armut, Verfolgung oder gar Krieg. Das will ich nicht tatenlos hinnehmen. Ich stehe auf für eine offene Gesellschaft, in der wir – ohne Abschiebungen und Ausgrenzung – die Zukunft gemeinsam gestalten wollen. Für eine solidarische Welt, in der die Würde des Menschen tatsächlich unantastbar ist.
Deshalb rufe ich dazu auf, lokale Initiativen zu unterstützen, die von Abschiebung bedrohten Menschen BürgerInnenAsyl gewähren und sie auch notfalls in ihren Wohnungen verstecken. Ich werde mich selbst, nach meinen Möglichkeiten, an Initiativen des zivilen Ungehorsams gegen die ethisch nicht vertretbare Abschiebepolitik beteiligen: für ein zivilgesellschaftliches Willkommen in einer offenen und sozial gerechten Gesellschaft.“

Insbesondere die letzten (fettgedruckten) Sätze sollen eine Anklage begründen, die durch nichts zu rechtfertigen ist. Abschiebungen sind eine Form des Rassismus. Diese Politik der Ausgrenzung gehört auf die Anklagebank, und nicht die Solidarität gegen dieses Unrecht.

Abschiebungen stoppen.
Solidarität statt Spaltung und Ausgrenzung!
kein mensch ist illegal

Kontakt: kein mensch ist illegal Hanau
Metzgerstrasse 8, 63450 Hanau
kmii-hanau@antira.info

 

[UPDATE 16.07.2020] FREISPRUCH BEI PROZESS ZU BÜRGERINNENASYL

Beim Prozess wegen „Öffentlichem Aufruf zu Straftaten“ in Alzenau am 16. Juli gab es einen glatten Freispruch. Gleichwohl hat die Staatsanwaltschaft Aschaffenburg gegen das Urteil Berufung eingelegt. Es ist also möglich, dass es in diesem Verfahren zu einer zweiten Runde kommt und wenn dies der Fall wäre, würde eine etwas intensivere Solidaritätskampagne zum nächsten Prozesstermin vorbereitet werden.